Die Frauen auf der Brücke

Die Position als Steuerfrau oder Steuermann ist abwechslungsreich und spannend, aber nicht nur das: sie tragen auch viel Verantwortung.

„Wir sind immer ein Team aus vier Steuerleuten, und jeweils zwei davon arbeiten immer gemeinsam. Hier auf der Brücke ist man also nie allein. Das funktioniert durch ein Schichtsystem mit unterschiedlichen Arbeitszeiten. Wichtig ist dabei aber, dass wir mindestens acht zusammenhängende Stunden pro Tag frei haben“, sagt Anne. „Bei unserer Arbeit geht um die Fahrt des Schiffes sowie das Be- und Entladen. Es sind ebenfalls die Steuerleute, die auf der Rampe stehen und für das Platzieren der Ladung zuständig sind“, fährt sie fort.

Eine der wichtigsten Aufgaben eines Steuermanns ist es aber natürlich, das Schiff zu lenken. „Wir entscheiden zum Beispiel, welche genaue Route wir in Hinblick auf das Wetter nehmen sollten. Die beiden diensthabenden Steuerleute haben die gleichen Radargeräte und Kartengeräte und sehen, wo andere Schiffe und Boote sind und wohin die Route führt“, erklärt Anne. „Alle Schiffe ab einer bestimmten Größe müssen über das sogenannte AIS, ein automatisches Identifikationssystem, verfügen. Das bedeutet unter anderem, dass man den Namen des Schiffes erfahren kann und um was für einen Schiffstyp es sich handelt“, fährt sie fort.

„Wir steuern das Schiff mit einem Joystick, und wenn wir uns mit voller Geschwindigkeit von 23 Knoten fortbewegen, brauchen wir etwa 1200 Meter, um das Schiff anzuhalten“, lächelt Anne. „Wir müssen auch an die Trimmung denken, am besten ist eine kleine Hecktrimmung. Das bedeutet, dass das Schiff achtern etwas tiefer im Wasser liegt als vorn", erklären die beiden.

Bei viel Wind oder Wellengang gibt es Hilfsmittel, um das Schiff zu stabilisieren. Dieses verfügt über zwei große Wassertanks auf der Steuerbordseite und parallel auf der Backbordseite mit dazwischen liegenden Pumpen. „Im Normalbetrieb sollte der Wasserstand in allen Tanks gleich sein. Wenn wir aber auf der einen Seite eine Schlagseite haben, pumpen wir Wasser auf die andere, um das Schiff gerade auszurichten“.

„Darüber hinaus haben wir Stabilisatoren. Sobald es etwas Seegang gibt, fahren wir sie aus. Man kann sich das vorstellen wie große Flügel unter Wasser, sie sehen etwas aus wie Delfinflossen. Wir tun alles, damit sich die Passagiere wohlfühlen“, bestätigen die beiden.

Die beiden Frauen haben etwas unterschiedliche Ziele für ihre Zukunft. „Nach einiger Zeit könnte ich mir einen Job an Land vorstellen. Ich denke, da gibt es auch einiges, das gut zu unserer Ausbildung passt“, sagt Anne.

„Ich möchte auf jeden Fall auf See sein, und eine Position nach der anderen einnehmen“, erwidert Gunnhild. Sie ist vor kurzem aus ihrem Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt. Es ist super, Steuerfrau und Mutter zu sein. Ich bin sehr glücklich, denn mein Partner hat einen Job, bei dem er zwei Wochen lang zu Hause sein kann. Wir arbeiten jeweils zwei Wochen an Bord und haben zwei Wochen frei. Das funktioniert so also sehr gut, sagt sie.

Kapitän Istvan betritt ebenfalls die Brücke, während wir dort gemeinsam sitzen. Er wünscht sich, dass noch mehr Menschen einen solchen Weg gehen, wie die beiden jungen Frauen. „Vielfalt ist uns sehr wichtig, und gleichzeitig haben wir immer betont, dass es um Qualifikationen geht und um nichts anderes. Es sollte fair sein“, sagt er.

Zweifellos ist er sehr stolz auf die „Frauen auf der Brücke“ und ihre Arbeit. Und er setzt sich gern dafür ein, dass es noch mehrere werden.