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Abenteuer Olavsweg Pilgerreise nach Norwegen

Mit Fähre und Rucksack zur nördlichsten Pilgerroute der Welt

Color Line Magazin / 31.07.2020 / Stefanie Jarantowski

Als letztes Jahr eine lang ersehnte Auszeit vor mir liegt und ich zufällig vom einsamen Pilgerweg durch Norwegen erfahre, steht der Entschluss schnell fest. Zwei Wochen später befinde ich mich zusammen mit meinem Mann auf dem Weg von Berlin nach Oslo, wo der 643 Kilometer lange, so genannte „Olavsweg“ startet. Doch welches Verkehrsmittel passt zum Pilgern? Da sich die schnelle Ankunft mit dem Flieger nicht richtig anfühlt, ist die Color Line Fähre die ideale Alternative. Zumal das Schiff traditionell von Pilgern im Mittelalter benutzt wurde.

Das erste Mal Fähre. Das erste Mal Norwegen.

Es ist ein Erlebnis, aus dem Kieler Hauptbahnhof in die große Fähre am Norwegenkai zu steigen. Zum ersten Mal in einer Schiffskajüte übernachten, die vielen Decks entdecken, im Restaurant an Bord Pizza essen und dann im Außendeck die Weite der See genießen. Während wir uns bis zum Sonnenuntergang den Wind um die Nase wehen lassen, haben wir Zeit, uns von der Heimat und allem Vergangenen zu verabschieden. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, befinden wir uns bereits auf der rund 100 Kilometer langen Einfahrt in den Oslofjord. Die grüne, hügelige Landschaft mit den einzelnen roten und gelben Holzhäusern lassen uns Staunen, und die Vorfreude auf dieses unbekannte skandinavische Land ist riesig.

Der Olavsweg: zu Fuß von Oslo nach Trondheim

Von Oslo geht es für uns zu Fuß mit Pilgerstab und Wanderrucksack auf dem Olavsweg weiter. Dieser offiziell 643 Kilometer lange Pilgerweg führt vom Gedächtnispark mit den Ruinen der St. Hallvard-Kathedrale in Oslo über die Städte Eidsvoll, Hamar und Lillehammer, durch das Gudbrandstal und über das Dovrefjell bis nach Trondheim zum Ziel, dem Nidarosdom.

Insgesamt laufen wir die Strecke in 30 Tagen, wobei wir uns noch einmal für eine Schiffsroute von Eidsvoll nach Hamar entscheiden und damit über den größten See Norwegens schippern, den Mjøsa-See.

Täglich laufen wir zwischen 15 und 30 Kilometern mit über 10 kg Gepäck pro Person und lernen dabei hautnah Land und Leute kennen. Wir erfahren, was Goethe meinte, wenn er sagte: „Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.“ Als Wanderer lernen wir vielfältige Landschaften von Norwegen kennen: von langgezogenen Feldern und dichten Märchenwäldern staunen wir  über riesige Täler mit türkisfarbenen Flüssen. Der Höhepunkt stellt für uns die einsame Weite auf der Hochebene des Dovrefjells dar, des norwegischen Hochgebirges. Ebenso einmalig erleben wir das verlassen wirkende Hochmoor auf den letzten Etappen zum Trondheim Fjord.

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Auf dem Weg begegnen uns Häuser auf Steinstelzen, die sogenannten „Stabbur“ und grasbewachsene Dächer, die manchmal sogar ganze Bäume tragen. Treffen wir auf Norweger werden wir herzlich mit einem „Hei, hei“ begrüßt und oft zu unserer Reise befragt. Da sich viele Pilgerherbergen, in denen wir übernachten, in ehemaligen Ställen auf Bauernhöfen befinden, lernen wir viele Einheimische und ihre traditionellen Speisen kennen. Dazu gehört der norwegische Karamellkäse oder selbstgemachtes Rømmegrøt – ein nahrhafter Brei aus saurer Sahne, Mehl und Milch.

Beim vielen Auf- und Absteigen – insgesamt laufen wir über 22.000 Höhenmeter – begegnen uns am Tage so gut wie keine anderen Pilger. Erst abends in den Unterkünften treffen wir auf zwei bis drei andere Mitpilger.

Dafür laufen uns umso mehr Schafe und Kühe in die Arme, wenn wir die zahlreichen Weiden überqueren. Von den anderen hiesigen Tieren – Lemminge, Rentiere, Vielfraße oder Moschusochsen u.a. – haben wir nur das Glück, zwei Elche zu sehen.

Der Olavsweg

Die Pilgerreise führt vorbei an unvergesslichen Landschaften, Orten und landestypischen Sehenswürdigkeiten Norwegens.

Zielgerade mit rundem Abschluss

Unvergesslich ist der Moment, als wir nach über 650 Kilometern in Trondheim einlaufen und auf das lang ersehnte Ziel, den Nidarosdom, zulaufen. Feierlich umrunden wir dreimal schweigend die Kathedrale, die hier über dem Grab des Hl. Olav errichtet wurde. Ebenso sprachlos nehmen wir im Pilgercenter Trondheim unseren „Olavsbrief“ entgegen.

Am Ende unser Pilgerwanderung ist die Freude über die Annehmlichkeiten der drittgrößten Stadt Norwegens groß: Wir genießen für zwei Tage den Komfort eines Hotelbetts, feiern unsere Ankunft mit Pilgerfreunden im Restaurant am Fjord und flanieren tagsüber an bunten Holzhäusern entlang und schauen dem Treiben vom Café aus zu.

Da wir das erste Mal in Norwegen sind und zum ersten Mal an keinem bestimmten Termin zurück in Deutschland sein müssen, entschließen wir uns kurzerhand für einen Sightseeing-Trip zurück nach Oslo. Mit den Hurtigruten fahren wir zwei Tage südlich bis nach Bergen und bestaunen die Fjorde mit ihren einsamen Inseln.

Nachdem wir unseren Körpern ein paar Tage lang Ruhe gegönnt haben, werden wir in der Stadt Bergen wieder lauffreudiger und mischen uns unter die vielen Touristen. Hier besichtigen wir die typischen Sehenswürdigkeiten wie das Bryggen Viertel, den Berg Fløyen mit der Standseilbahn Fløibanen und einige Kunstmuseen.

Nach fast 40 Tagen in Norwegen treten wir mit der „Bergensbanen“ die Rückreise an. Auf dieser Eisenbahnstrecke Oslo - Bergen, die als eine der landschaftlich schönsten Bahnstrecken in Nordeuropa gilt, bekommen wir viele Berge und beeindruckende Gletscher zu Gesicht.

Einen runden Abschluss stellt für uns die Heimreise mit der Color Line Fähre ab Oslo dar. Nach der langen Zeit mit den täglich neuen Eindrücken, wird die erste Sehnsucht nach Bekanntem durch die Color Fantasy gestillt. Wir genießen wieder eine Thunfischpizza an Bord und verbringen die meiste Zeit draußen an Deck. Eingemummelt in Decken und mit Wollmütze lassen wir die viele Ereignisse Revue passieren und sortieren unsere Gedanken. Eines steht für uns beide fest: Wir kommen wieder. Den Olavsweg würden wir gerne noch einmal laufen.

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Reiseroman zum Abenteuer

Beeindruckt von diesem einmaligen Reiseabenteuer setze ich mich schon am nächsten Tag an den Schreibtisch und fange an, mein neues Buch zu schreiben „Abenteuer Olavsweg – Eine Frau pilgert den Neuanfang“. Darin lade ich alle Reisehungrigen und Norwegenfans ein, diese schönste und aufregendste Reise meines bisherigen Lebens mitzuerleben.

10 Tipps und Hinweise zum Pilgern und Weitwandern auf dem Olavsweg

  • Wie lange man auf dem Olavsweg unterwegs ist, das ist sehr individuell. Jeder kann den Weg entsprechend anpassen, dass er zum eigenen Urlaub oder zur Auszeit passt. Wenn man z.B. 12 Tage Zeit hat, kann man bei Dovre am Ende des Gudbrandstals einsteigen, und dann über das wundervolle Hochplateau Dovrefjell bis nach Trondheim laufen. Wenn man nur 9 Tage Zeit hat, könnte man ab Kongsvold starten.
     
  • Einige Pilger laufen nur die letzten 100 km. Warum 100 km? Weil man ab 100 km im Pilgercenter Trondheim den Olavsbrief als Pilgerurkunde ausgestellt bekommt.
     
  • Auf dem Weg gibt es mehrere Pilgercenter; das erste in Oslo und das letzte in Trondheim. Hier bekommt der Pilger Informationen, Unterstützung in allen Lebenslagen und kostenlosen Kaffee zur Stärkung.
     
  • Für alle Camping-Freunde gibt es in Norwegen die Besonderheit des „Jedermannsrechts“. Das erlaubt jedem, überall in der Natur frei zu zelten, solange man sich an gewisse Regeln hält, die z.B. fürs Feuermachen gelten. Darüber hinaus muss man Abstand zu bewohnten Häusern und Höfen halten.
     
  • Bei der Verpflegung lohnt es sich, einen Teil von zu Haus mitzubringen, da Essen in Norwegen, auch im Supermarkt, zwei- bis dreimal so teuer ist wie in Deutschland. Neben Schokolode, Energieriegeln, Nüssen und Outdooressen, sei besonders Kartoffelpüree empfohlen, denn es ist leicht, günstig, sehr ergiebig und leicht zuzubereiten.
     
  • Die Duschmöglichkeiten auf dem Pilgerpfad variieren von Gemeinschaftsduschen auf Campingplätzen bis zu eigenen Bädern im Zimmer. Die Kleidungsstücke kann man dort mit der Hand waschen, so dass man die Anzahl von Klamotten gering hält und Gewicht spart.
     
  • Beim Trinken ist es ratsam, sich pro Person eine Liter-Flasche mit Wasser mitzunehmen. Eine verlässliche Trinkwasserquelle sind die Friedhöfe mit ihren Wasserhähnen, die an den zahlreichen Kirchen auf dem Weg zu finden sind.
     
  • Zu Beginn des Olavswegs legt man sich einen Pilgerausweis zu. Diesen kann man online bestellen oder vor Ort in den Pilgercentern kaufen. Für den Ausweis erhält man auf dem Weg Stempel mit je eigenen Motiven (neben Pilgercentern auch in den Herbergen und Kirchen).
     
  • Vorteil des Pilgerausweises ist, dass man damit in den Genuss von Vergünstigungen kommt, wie z.B. auf dem Schiff Skibladner. In der Stabkirche zu Ringebu und dem Nidarosdom erhält man damit sogar freien Eintritt. Und schließlich weisen die Stempel im Pass die zurückgelegten Kilometer auf dem Olavsweg nach, damit man am Ende seinen Olavsbrief als Pilgerurkunde ausgestellt bekommt.
     
  • Beim Thema Ausrüstung heißt es: so viel wie nötig und so wenig wie möglich. Denn alles muss im Rucksack getragen werden. Da es hierzu sehr viel zu sagen gibt,  haben wir auf unserer Webseite www.olavsleden.de eine extra Seite dazu angelegt. Unter der Kategorie „Packliste“ finden Interessierte unseren kompletten Rucksackinhalt.
Über die Autorin

Pilgerin Stefanie Jarantowski

Nach dem Verkauf ihres IT-Startups hat sich Stefanie Jarantowski auf den nördlichsten Pilgerweg der Welt begeben. Auf der Suche nach einem Neuanfang verändern die 40 Tage Norwegen ihr Leben. Die Unternehmerin entdeckt nach mehr als 20 Jahren ihre Schriftstellerwurzeln wieder.

Über ihren Neuanfang berichtet ihr Buch „Abenteuer Olavsweg“. Einblicke ins Buch und in die Reise finden Interessierte auf Stefanies Instagram Account @StefanieJarantowski.